Rheinbreitbacherin holt im Damendoppel den Titel, im Einzel scheitert sie knapp im Endspiel
Diese Frau ist ein Phänomen. Viel fehlte nicht, dann wären die gerade zuende gegangenen Tischtennis-Europameisterschaften der Senioren in Budapest zum totalen Triumpf für die Rheinbreitbacherin Heidi Wunner geworden. Nachdem sich die Ausnahmekönnerin im Damendoppel zusammen mit ihrer Dresdener Partnerin Christa Gebhardt im Doppel der Klasse Ü75 in einem rein deutschen Endspiel bereits den Europameister-Titel gesichert hatte, scheiterte sie im anschließenden Damenendspiel Ü 80 unglücklich an der Österreicherin Gertrud Mikyska. Nach den zwei Titeln bei den Deutschen Meisterschaften vor wenigen Wochen erneut ein famoses Ergebnis der sympathischen Sportlerin des SV Rheinbreitbach.
„Jetzt brauche ich erst einmal ein wenig Zeit, alles zu verdauen“, strahlte Heidi Wunner nach ihrer Rückkehr aus der ungarischen Landeshauptstadt. Der Titel im Doppel und der zweite Platz im Einzel bei Europameisterschaften sind für die 80-jährige bislang die absolute Krönung ihrer an Titeln nicht gerade armen Tischtenniskarriere.
Mehr als 3.000 Tischtennissenioren aus ganz Europa hatten sich für die einwöchige Veranstaltung qualifiziert, die in der BOK Hall, dem Budapester Olympia-Zentrum, einen würdigen Rahmen hatte. Fast schon traditionell stellten die deutschen Teilnehmer die größte Delegation in den verschiedenen Altersklassen. Im illustren Teilnehmerfeld waren – wie eigentlich immer bei den europäischen Titelkämpfen – neben früheren Olympiateilnehmern, Weltranglisten- und Nationalspielern auch Spieler vertreten, die den Tischtennis-Wettkampfsport auf internationaler Ebene viele Jahre mitgeprägt haben.
Bereits in den Gruppenspielen bestätigte Heidi Wunner ihre derzeit überragende Form. Nachdem sie wegen einer Grippe zuvor noch auf einen Start bei den Internationalen Trierer Stadtmeisterschaften verzichtet hatte, zeigte sie sich bestens erholt und überzeugte schon in den Gruppenspielen mit einer bestechenden Leistung in Einzel und Doppel. Mit nur einem Satzverlust gegen die Britin Janet Hunt qualifizierte sie sich für das Hauptfeld, wo es dann so richtig ernst wurde.
„Ich war selbst ein wenig überrascht, wie gut es lief“, so Wunner, die sich nach einem glatten und ungefährdeten 3:0 Halbfinalsieg gegen die Engländerin Sylvia Tyler schließlich für das Einzelendspiel gegen die Österreicherin Gertrud Mikyska qualifizierte. Und auch hier lief es zunächst ganz nach Plan. Die Österreicherin hatte nicht nur Probleme mit dem variablen und druckvollen Spiel der Rheinbreitbacherin, auch die unterschnittenen Aufschläge stellten sie vor große Probleme. Kurzerhand nahm Mikyska eine Auszeit und reklamierte die Angaben bei der Tischschiedsrichterin. „Von da an habe ich meinen Faden komplett verloren, weil sie immer wieder meine Aufschläge bemängelte“, ärgerte sich die Rheinbreitbacherin über die ständigen Diskussionen während des Endspiels. „Fair war das nicht gerade und es hat mich total aus dem Konzept gebracht.“ Nach zwei Satzsiegen in der Verlängerung mit 12:10 gewann die Österreicherin schließlich glücklich und denkbar knapp mit 3:1.
„Auch wenn im Einzel der Titel möglich gewesen wäre, gab es für mich keinen Grund Trübsal zu blasen“, zeigte sich Wunner trotz der Psychospielchen ihrer Gegnerin als faire Verliererin. Denn bereits zwei Stunden vor dem Finale ihrer Altersklasse hatte sie sich an der Seite ihrer Dresdener Partnerin Christa Gebhardt bereits die Europameisterschaft im Damen-Doppel gesichert. Und das sogar bei den „Jüngeren“ in der Klasse Ü 75. Nachdem sich Wunner/Gebhardt ohne große Mühe durch die Gruppenphase und das Hauptfeld gekämpft hatten, kam es schließlich zu einem rein deutschen Finale. „Ich glaube, hier haben wir unsere mit Abstand beste Leistung abgerufen“, zeigte sich Wunner auf den Punkt topfit. Im hochklassigen Endspiel mit vielen tollen Ballwechseln gegen Roswitha Berg/Karin Rauscher bewies die Rheinbreitbacherin am Ende mit ihrer Partnerin neben Können auch jede Menge Nervenstärke und gewann nach fünf hart umkämpften Sätzen mit 3:2.„Jetzt werde ich erst einmal ein paar Tage kürzertreten“, so Wunner, „bevor dann nach der Sommerpause das Training in der Hans-Dahmen-Halle und kurz darauf die Punktspielrunde wieder beginnt.“ – „Vielleicht werde ich dann zuhause zwischendurch ein paar Trainingseinheiten mit dem Ballroboter einlegen, damit ich nicht ganz einroste.“ Typisch Heidi Wunner. So ganz ohne Tischtennis geht es dann selbst in der trainingsfreien Zeit auch mit 80 Jahren doch nicht. Und das nächste große Ziel? „Im nächsten Jahr sind die Tischtennis-Weltmeisterschaften in Bordeaux. Vielleicht schaffe ich es da ja auch mal bis aufs Podest.“